Das Calvinjahr - ein Fazit in vier Absätzen

Von Klaus Bröhenhorst

Klaus Bröhenhorst

Eine ganz erstaunliche Paralele zu Calvin weist für mich Dietrich Bonhoeffer auf. Beide sind mit einem überragenden persönlichem Format ausgestattet - sowohl, was ihre intellektuellen Fähigkeiten und Begabungen betrifft wie auch ihre lebenspraktischen Konsequenzen. Die Herausforderungen der Zeit, die sie vor die Frage stellten, „wer Christus heute eigentlich für uns ist" (Bonhoeffer), ließen sie Antworten finden, die ebenso gläubig wie gestaltend waren. Mit dem ersten Satz des 1937 von Bonhoeffer geschriebenen Buches „Nachfolge" ließe sich auch das Leben und Wirken Johannes Calvins überschreiben. Nämlich mit: „Billige Gnade ist der Todfeind unserer Kirche. Unser Kampf heute geht um die teure Gnade." Und auch in dem, was jemand einmal über Bonhoeffer gesagt hat, sehe ich einen nahen Bezug zu Johannes Calvin, nämlich: „In dessen Nähe ist es unmöglich gewesen, feige zu sein."

Insofern sehe ich auch  einen deutlichen Unterschied zwischen Johannes Calvin und Martin Luther. Luther sagt einmal, dass er die, die mit Ernst Christen sein wollen, noch nicht habe. Darum war Luther - was einschneidende Reformen anging - äußerst zurückhaltend, ja hat sogar Maßnahmen, bei denen sich Menschen  auf Luthers eigene Worte beriefen, nicht zugelassen. Bei Luther war tatsächlich Vorsicht die Mutter der (evangelischen) Porzellankiste. Calvin dagegen geht davon aus, dass jeder Christ mit Ernst Christ sein will oder es doch sollte. Nicht die Vorsicht in Hinblick auf die Porzellankiste ist darum bei Calvin das passende Bild, sondern das Kopfschütteln über die, die zwar evangelisch zu sein behaupten - dies aber nach dem Motto tun: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass."  Gehört sich so etwas - für Getaufte?

Von Calvin geht eine im besten Sinne zurüstende Wirkung aus. Calvin baut auf, indem er Menschen tröstet und ihnen etwas zutraut. Er tut das nicht in Blauäugigkeit, sondern auf Grund der Gewissheit, dass der Herr die Seinen kennt und sie nicht verlässt,  auch wenn es den Christen nach irdischen Glücksansprüchen sehr schlecht ergeht, „so dass man glauben sollte, sie seien von Gott verworfen"  ( Calvin im Kommentar zum 1. Timotheusbrief). Seid ihr nicht!, sagt der Genfer Reformator. Habt keine Angst.  Was sich wieder mit Bonhoeffer berührt, der in seinen „Gedanken über das Walten Gottes in der Geschichte" meint:  „In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein."

Das Calvin-Jahr: Es war sehr anregend. Und es ist das immer noch. Bezeichnend ist, dass viele inzwischen überlegen, wie nach dem Calvin-Jahr die Impulse des Genfer Reformators nicht einfach ad acta gelegt werden, sondern weiterhin - ein Lieblingswort Calvins - „Frucht" tragen.