Michael Groothues war als Militärseelsorger in Afghanistan

„Es ist ein extrem schwieriges Terrain für Soldaten“

Ende Juli ist Michael Groothues zum dritten Mal aus Afghanistan zurück gekehrt. Von März bis Juli war der 52-Jährige als Militärpfarrer in Feyzabad, etwa 150 km vom viel bekannteren Kundus entfernt. Im Gespräch kommt er ganz schnell darauf, dass es während seines letzten Einsatzes drei Tote und 13 Schwerverletzte im Camp gegeben habe. „Das hat meine Zeit im Camp geprägt.“

Camp

Ganz offen berichtet Groothues, dass er in den 14 Wochen in dem 500-Personen-Camp Feyzbad als Seelsorger gefordert war, wie noch nie zuvor in seiner Zeit als Militärpfarrer. Dazu gehört auch, die Todesnachricht von gefallenen Soldaten zu überbringen. Die Information, dass während eines Einsatzes etwas passiert ist, ist zwar in einem so kleinen Lager wie Feyzabad schnell rum. Aber der Militärpfarrer musste dann ganz offiziell die Mitteilung überbringen, dass „drei Kameraden von einem Einsatz als Sprengstoffspezialisten nicht zurück gekehrt sind“. Michael Groothues spricht bewusst von den Soldaten als Kameraden, denn, so erzählt er, „wir fühlen mit den Soldaten und sind ihnen nah“. Er sei als Spezialist für Trauer und Seelsorge bei der Bundeswehr und dort Teil des Apparats. Gleichwohl fühle er sich nicht instrumentalisiert.

Um die Trauer über den Tod der Soldaten zu verarbeiten, gibt es einen geordneten Weg. Dazu gehört es auch, die Soldaten über den konkreten Tathergang zu informieren. Das sei aber immer erst nach Abschluss aller Untersuchungen möglich und dauere für die Truppe oft unerträglich lang. Am Tag nach der Todesmitteilung spricht der Geistliche beim offiziellen Antritt ein Gebet. Etwa eine Woche lang nach den Todesfällen war Groothues als Seelsorger ganz eng bei der Truppe und versuchte alle Stimmungen aufzugreifen. Die engsten Kameraden der Gefallen bräuchten jetzt besondere Betreuung, sagte er. Dazu gehört es auch, zu schauen, ob sie schon mit der Familie telefoniert haben, auf die Reaktionen der Angehörigen zu reagieren und Seelsorgekontakte in der Heimat herzustellen. In dieser Woche lud Michael Groothues alle Soldaten zu einem Trauergottesdienst mit Lichtergebet ein, um der Toten zu gedenken. Ihren Abschluss findet die Trauerarbeit dann mit der offiziellen Verabschiedung mit militärischem Zeremoniell, bevor sie in die Heimat geflogen werden. Das geschieht normalerweise im Camp selber und in der Regel wird dabei das Lied „Ich hatte einen Kameraden“ angestimmt. Nach dieser Woche, so Groothues, solle der reguläre Rhythmus wieder einkehren und das normale Camp-Leben weitergehen. Bei den Freunden der Gefallenen dauere die Verarbeitung aber oft länger und brauche manchmal auch psychologische Begleitung.

Trauerandacht

Obwohl die Trauerarbeit seine Zeit sehr geprägt habe, habe es natürlich in den Wochen in Feyzabad Alltagsarbeit gegeben. „Wir machen auch Gemeindearbeit im Camp“. Dazu gehörten der Aufbau eines Chores, sonntägliche Gottesdienste in der Lagerkapelle „Haus Michael“ und auch Freizeitaktivitäten wie etwa eine Bosseltour.

Rückblickend sagt Groothues, war die Zeit in Feyzabad durch besondere Herausforderungen geprägt: die Schwelle zur Gewaltanwendung auf beiden Seiten sei gesunken und die Soldaten würden mehr Fragen nach dem Sinn  ihres Einsatzes stellen. 2005 in Kabul und 2007 in Kundus sei die Sicherheitslage noch ganz anders gewesen. Jetzt herrsche wirklich Kriegssituation im Land, die viele Soldaten ebenso wie er, zum ersten Mal erlebten.

Ulf Preuß

 

Informationen
Michael Groothues ist seit 2002 Militärseelsorger bei der Bundeswehr mit den Standorten Aurich/Leer/Westerstede. Der gebürtige Schüttorfer war vorher von 1990 bis 2002 Pastor der reformierten Gemeinde Suurhusen. Als Militärseelsorger ist er Bundeswehrbeamter auf Zeit, die Stelle ist auf sechs Jahre befristet und kann danach bis maximal zwölf Jahre verlängert werden. Alle Seelsorger sind keine Soldaten, wie es oft in anderen Ländern der Fall ist. Grundlage der Arbeit der Seelsorger ist der Militärseelsorgervertrag aus dem Jahr 1957. Hier ist auch geregelt, dass die kirchliche Leitung der Militärseelsorge durch den Evangelischen Militärbischof geschieht, der nicht der Bundeswehr untersteht sondern von der EKD berufen wird. Zur Zeit ist dies der Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche, Martin Dutzmann.

 

Fotos (MIchael Groothuas): Michael Groothues übergibt an Major Ulf Hasse vom Team der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit der Bundeswehr (Cimic) Tische und Bänke für eine Zeltschule im Norden von Feyzabad. Das Geld stammt aus einem ostfriesisches Spendenprojekt.

In der Trauerandacht